Ein Leben für und durch Musik, den Blues und den Gospel, the Lord and the Devil – Leo „Bud“ Welch, einer der letzten „real Bluesmen“, feierte seinen musikalischen Durchbruch mit 81 Jahren. Late Blossom Blues begleitet das verkannte Genie auf seiner Tournee durch die amerikanischen Südstaaten. Träume und Abgründe des land of the free in den Bildern, der Musik, den Geschichten. Vom Leben gebeutelte Blues-Existenzen – authentisch, lebendig und mit einer Verve, die sich unweigerlich auf das Publikum überträgt.
Schwerfälliger Gang, gebückte Haltung, Schnappatmung – ein Mann, alt, faltig und langsam. Doch sobald dieser die Saiten seiner „pink guitar“ anschlägt und zu den Blue Notes zu singen beginnt, offenbaren sich hinter der abgelebten Fassade des inzwischen 85-jährigen Leo „Bud“ Welch ungeahnte Energien, eine Verve, die sich unweigerlich auf die Zuhörer/innen überträgt. Ein Leben für und durch Musik, den Blues und den Gospel, the Lord and the Devil – schon seit der Jugend eng mit seinem In- strument verbunden, verschaffte sich Welch jedoch erst mit 81 Jahren (und mithilfe seines enthusiastischen Managers) jenseits seiner Heimatstadt Gehör und Erfolg: die ersten beiden Studioalben, Tourneen durch Amerika, der erste Flug, Konzerte in Europa. Das Verdienst von Late Blossom Blues ist ein doppeltes: zum einen das empathische, aufrichtige Porträt dieses lange verkannten, schrulligen Genies, das sich zwischen verrauchten Clubs, Arztpraxen und Gottesdiensten bewegt. Zum anderen das Verweben dieses einzigartigen Charakters mit der Lebenswelt und der musikalischen Tradition, der er angehört. Welcome to Mississippi: die Südstaaten, Wurzel des Blues – Baumwollfelder, morsche Holzhäuser, leere Strassen, ein Diner, eine Dorfkirche, abgeranzte Bluesschuppen. Die dokumentarische Reise bewegt sich durch ländliche Gegenden abseits der großen, glanzvollen Metropolen, doch spiegelt sich auch hier Amerika, seine Glücksversprechen, vor allem aber die gesellschaftlichen Missverhältnisse, die abgründige Seite des land of the free – in den Bildern, der Musik, den Geschichten: eine verspätete Erfolgsstory, ein Golfkriegsveteran – Blues-Existenzen geprägt von Armut, Querelen, Schindereien. Umso erstaunlicher die Lebendigkeit und der (Über-)Lebenswille, nicht nur dieses einzelnen Musikers, sondern einer ganzen Szene: „Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme“ (Thomas Morus).